Die angeblich
„westlichen“ Werte werden gerade jetzt bei Puschen der Auseinandersetzung mit
Russland beschworen, als die edleren, moderneren, freiheitlicheren,
menschlicheren Werte, die vor dem Kontrast eines für Russland bzw. „Putin“ dagegen
gestellten abweichenden Wertsystems dann auch nicht nur für sich selbst stehen,
sondern den „Westen“ – und unreflektiert automatisch damit auch dessen gesamte
Politik wie in der Ukraine-Krise gleich mit – um so heller strahlen lassen. Ja,
wer wollte denn nicht Werte wie Freiheit, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit,
Individualismus und Demokratie, die Emanzipation der Frau und der Homosexuellen
hochhalten? Nur, wenn man an der Fassade kratzt, dann wird klar, dass all diese
„westlichen Werte“ nur so lange gelten, wie es denn die Geltung der
eigentlichen westlichen Hauptwerte nicht beeinträchtigt.
Und die sind in
einer vollständig durchökonomisierten und auf Wettbewerb (und zwar auf allen
Ebenen, zwischen Individuen, Unternehmen wie auch Staaten) gebürsteten
Gesellschaft ganz andere. Und wenn die Interessen des „Westens“ irgendwo auf
der Welt betroffen sind, darf es mittlerweile ja auch mal ganz schön
gewalttätig zugehen. Die Leitbilder des Westens, die tatsächlich zählen, sind
zwei Figuren: Dagobert Duck und Rambo. Es sind, das kann man dazusagen, beides
Amerikaner. Und beide sind Kunstfiguren, die ihre markanten Eigenschaften bis
in ein karikaturhaftes Extrem gesteigert haben.
Die beiden sind
freilich nicht nur die Leitbilder des angeblich ach so moralisch überlegenen
Westens. Diese Leitbilder teilt der Westen auch mit Putins Russland: Im Land
der Oligarchen herrscht Dagobert Duck in Reinkultur – und das ja dank
tatkräftigster Mithilfe des „Westens“ in den 1990er Jahren – und Rambo würde
nicht nur etwa zu Irakkrieg und Drohneneinsatz, sondern auch zur Besetzung der
Krim passen.
Ist China
besser? Nein. Gibt es sonst auf der Welt andere Mega-Leitbilder als Dagobert
Duck und Rambo? Dank der Globalisierung, dank dem „Westen“: Nein.
Geschrieben am
9. Mai 2014